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Was ist Angst?

Angst entsteht in Situationen, die wir als bedrohlich wahrnehmen und von denen wir glauben, dass wir sie mit unseren eigenen Möglichkeiten nicht bewältigen können. Die aktuelle Situation erfordert von uns eine schnelle Anpassung an veränderte Lebensbedingungen (Was passiert, wenn ich mich anstecke? Wie kann ich mich schützen? Wie lange wird es dauern? Wie organisiere ich meine Kinderbetreuung? Werde ich meinen Job verlieren?). Das kann ein Gefühl der Unsicherheit und des Kontrollverlustes hervorrufen. Wichtig ist zu wissen, dass eine 100% Kontrolle über das Leben nicht existiert. Wir leben also permanent mit Unsicherheiten, nur wird uns das jetzt sehr deutlich bewusst. Wir sind unserer Angst aber nicht ausgeliefert, sondern können eine Reihe möglicher Strategien nutzen, um unsere Gefühle langfristig zu regulieren und eine positivere Sicht auf die aktuelle Situation zu erlangen. Lesen Sie für konkrete Empfehlungen weiter.

Warum führt die aktuelle Lage zu Angst?

Die Coronavirus-Pandemie, verbunden mit der globalen, historisch einmaligen Reaktion vieler Staaten ist ungewohnt, neu und unbekannt. Dadurch können Einschätzungen erst einmal sehr emotional ausfallen und eine vernünftige Bewertung überstrahlen. Gleichzeitig verändert sich das gesamte Leben augenblicklich, die Informationsflut und Falschnachrichten überfordern uns. Das erfordert einen enormen Anpassungsprozess an neue Umstände und ist bei den meisten Menschen zunächst einmal mit unangenehmen Gefühlen der Überforderung und Angst verbunden, weil gewohnte Muster aufgebrochen und neue Bewältigungsstrategien entwickelt werden müssen. Gleichzeitig haben aktuell viele Menschen Angst vor einem Verlust ihres Arbeitsplatzes und vor finanziellen Sorgen. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, Kulturschaffende, Freiberufler und Selbstständige müssen sich mit der Möglichkeit der Insolvenz auseinanderzusetzen. Dass dies zu Angst führt, ist verständlich und normal. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, um diese Ängste zu reduzieren und dadurch Energien für einen lösungsorientierten Umgang mit der aktuellen Situation freizusetzen, die Sie weiter unten finden.

Welche Möglichkeiten helfen mir, mich psychisch besser zu fühlen?

Information und Aufklärung

Suchen Sie gezielt bei vertrauenswürdigen und wissenschaftlich fundierten Quellen wie dem Robert-Koch-Institut, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder dem Bundesministerium für Gesundheit nach Informationen zur aktuellen Lage. Prüfen Sie auch immer Informationen, die Sie finden und bewerten Sie diese nach der Seriosität der Quelle. Denken Sie daran, dass Falschinformationen zu Unsicherheit führen. Betrachten Sie daher Informationen, die Sie im Netz finden oder die Ihnen zugesandt werden, mit einem gesunden Misstrauen und leiten Sie sie nicht unüberlegt weiter. Nehmen Sie sich regelmäßige Informationspausen, um Ihrem Körper und Ihren Gedanken die Möglichkeit zu geben, abzuschalten. Vermeiden Sie Nachrichten zu schlimmen Einzelschicksalen, da diese die negativen Gefühle nur verstärken. Wenn überhaupt, dann suchen Sie gezielt nach positiven Nachrichten wie der Anzahl der bereits genesenen Personen oder der Berichte über milde Verläufe. Auch der rationale Umgang mit Zahlen und Statistiken kann helfen, mit negativen Gefühlen besser zurecht zu kommen. Gestalten Sie Ihren Umgang mit Informationen bewusst und reguliert: suchen Sie nicht häufiger als zweimal am Tag nach neuen Informationen.

Routinen beibehalten

Führen Sie trotz aller Einschränkungen ein gesundes Leben. Schlafen Sie ausreichend, ernähren Sie sich gesund und bewegen Sie sich ausreichend. Sorgen Sie für eine abwechslungsreiche Tagesstruktur und finden Sie neue Routinen, wenn Ihre gewohnten nicht mehr möglich sind. Wenn Sie regelmäßig zum Sport gehen suchen Sie sich beispielsweise feste Zeiten, zu denen Sie sich zu Hause bewegen oder Joggen gehen. Eintönige Tagesabläufe führen zu Langeweile, Frust und gedrückter Stimmung. Verbringen Sie nicht ganze Tage mit Fernseh-Serien, sondern telefonieren Sie mit Ihren Freunden, gehen Sie spazieren oder lesen Sie ein Buch. Viele Theater bieten zurzeit Online-Vorführungen an, die für Abwechslung sorgen können.

Sport/Entspannung

Sport kann Ihnen dabei helfen, den aktuellen Stress abzubauen (z. B. Joggen, Walken, Fahrradfahren). Entspannungstechniken können Sie dabei unterstützen, Ihrem Körper und Ihren Gedanken eine Pause zu gestatten. Probieren Sie verschiedene Techniken wie Progressive Muskelentspannung, Achtsamkeitsübungen oder autogenes Training aus und finden Sie heraus, welche Ihnen aktuell hilft. Material dazu finden Sie beispielsweise auf der Homepage der Techniker Krankenkasse.

Gesundheitsschädliches Verhalten vermeiden

Meiden Sie kurzfristige Strategien, wie den Konsum von Alkohol oder anderen Substanzen, um Ihre Gefühle zu steuern. Langfristig führen solche gesundheitsschädlichen Strategien zu einem negativen Kreislauf, der in eine psychische oder körperliche Erkrankung münden kann. 

Soziale Kontakte aufrechterhalten

Kommunikation mit und Vertrauen zu anderen sind in Zeiten von Krisen besonders wichtig. Nutzen Sie Möglichkeiten zur Vernetzung wie Email, Videotelefonie oder Chatprogramme und halten Sie Kontakte aufrecht. Besonders in Krisenzeiten sind Kontakte zu anderen Menschen ein schützender Faktor für Ihr psychisches Wohlbefinden. Wenn Sie im Home-Office arbeiten, können Sie Ihre Kaffeepause vielleicht mit Ihren Kollegen über Videotelefonie verbringen. Vielleicht eröffnet die Situation aber auch neue Chancen, z. B. mit alten Freunden endlich wieder einmal zu telefonieren oder mit den Kindern oder dem Ehepartner wieder einmal richtig ins Gespräch zu kommen.

Akzeptanz und Zuversicht

Die aktuelle Situation ist komplex und die Entwicklung der nächsten Zeit liegt nicht in Ihrer Hand. Es ist normal, sich angesichts der aktuellen Situation ängstlich, traurig, unsicher oder wütend zu fühlen. Eine annehmende Haltung zu entwickeln, ermöglicht Ihnen Energie für andere Bereiche freizusetzten und sich schrittweise von belastenden Gedanken zu lösen. Denken Sie daran, dass auch in der Vergangenheit Gesellschaften Krisen bewältigen konnten und wieder zur „Normalität“ übergegangen sind. Betrachten Sie die Krise nicht als etwas unüberwindliches, sondern als Herausforderung des Lebens. Vielleicht hilft es Ihnen ja auch, an eine vergangene Krise in Ihrem Leben zu denken und zu reflektieren, wie Sie diese bewältigt haben und was Ihnen damals geholfen hat.

Perspektivenwechsel

Versuchen Sie immer wieder einen neuen Blick auf die aktuelle Situation zu werfen. Dabei kann es Ihnen helfen, Ihre Aufmerksamkeit auf positive Aspekte zu richten.  Stellen Sie sich die Frage, wie Sie z. B. die veränderten Lebensbedingungen effektiv für sich nutzen können. Sehen Sie die gegenwärtige Zeit als Chance, mehr Selbsterkenntnis zu erlangen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Möglicherweise stellt sich bei Ihnen infolge der Einschränkungen auch ein Gefühl der Dankbarkeit ein, wie reich unser Leben hier in Deutschland ist und wie sich andere Menschen fühlen, die über Monate in beengten Unterkünften leben müssen.

Verantwortung übernehmen

Machen Sie sich bewusst, dass Sie einen Einfluss auf die Menschen in Ihrem Umfeld haben. Kümmern Sie sich um Ihre Freunde, Familie und Bekannte. Bieten Sie Unterstützung an und helfen Sie sich gegenseitig. Nehmen Sie zum Schutz anderer Rücksicht. Denken Sie an die Einsamen, die Erkrankten, an ältere und sozial benachteiligte Menschen und folgen Sie für sich selbst und für diese Menschen den Empfehlungen offizieller Stellen. Wenn Sie anderen helfen, werden Sie dafür etwas zurückbekommen. Versuchen Sie gemeinsam, der Krise den Beigeschmack einer Katastrophe zu nehmen.

Wie gehe ich mit Existenzsorgen um?

Eine einfache Antwort zum Umgang mit Existenzsorgen gibt es nicht, da sich jede Situation individuell anders darstellt. Nutzen Sie die oben genannten Strategien zum besseren psychischen Wohlbefinden, um Ihre Energie gezielt für den Umgang mit Existenzsorgen verwenden zu können. Versuchen Sie herauszufinden, was genau der Inhalt Ihrer Sorgen ist. Häufig werden Sorgen nicht zu Ende gedacht. Setzen Sie sich daher gemeinsam mit einem/einer Freund/in mit dem schlimmsten Szenario auseinander und legen Sie sich eine genaue Strategie zurecht, was Sie tun, wenn dieser Fall eintritt. Kontaktieren Sie die Nummern, die für akut belastete Personen eingerichtete ist, falls Ihre psychischen Belastungen überhandnehmen.

Warum kommt es zu übermäßigen Vorratskäufen?

Genauso wie eine Verharmlosung der Gefahren eine Bewältigungsstrategie darstellt, sind übermäßige Vorratskäufe eine Strategie, um unangenehme Gefühle zu regulieren. Ziel dieser Handlungen ist es, Angst und Unsicherheiten zu reduzieren und die Kontrolle über eine bedrohliche Situation wiederzugewinnen. Solche Bewältigungsstrategie führen aber nur zu einer, wenn überhaupt, kurzfristigen Steuerung bzw. Reduktion negativer Gefühle. Neben dieser uneffektiven Gefühlsregulation sind übermäßige Vorratskäufe unsolidarisch und verstärken das Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung in der Gesellschaft und sollten daher unter allen Umständen unterlassen werden. Nutzen Sie andere Strategien, um mit Unsicherheit und Angst umzugehen.

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